Einhelliger Wunsch: Nächstes
Jahr wieder! 791 Wasserwanderer eroberten die Mulde zwischen Grimma und Wurzen / Weit gereiste Gäste kamen aus Frankreich
Grimma/Wurzen. Exakt 12.26 Uhr legten sie an: Martin Hähle und René Mühlmann
aus Leipzig hatten 2 Stunden 35 Minuten für die 21,5 Kilometer von Grimma
nach Wurzen gebraucht. Mit dem Bonus des Erstplatzierten machten sie sich per
Auto auf, den Trubel an der Regattastrecke zu genießen, denn zwischen Grimma
und Wurzen fand die größte Wassertouristikveranstaltung Ostdeutschlands
statt: 791 Wasserwanderer in 337 Booten - da staunte selbst Heiner Quandt, Präsident
des sächsischen Kanuverbandes. Der Kameramann von Nordsachsen TV belagert
am Ziel den Steg. Er hat den Start der Mannschaft von Barsinghausen und Mont Saint
Aignon eingefangen. Ihr Zieleinlauf wäre sein ideales Schlussbild. Gerade
darauf kann er lange warten. Bei kühlem Bier, Dixieland und Swing von "Six
Pack" auf der Schlossterrasse Trebsen genießen die Gäste den Tag
und die Verlockungen an der Strecke. Der 16-jährige Hannes Burkhardt hat
dazu keine Zeit. Der Wanderkanute von der SG Lok Wurzen, mit 26 Teilnehmern dabei,
kommt als Zweiter ein, weil er's eilig hat: 14 Uhr hat er Auftritt beim Musikschulfest.
Über sich selbst erstaunt ist Mutzschens Bürgermeister Heinrich
Hiersemann. Er legt gleich nach Landrat Gerhard Gey (3.) an, und der hatte mit
Sylvia Quandt immerhin eine mehrfache DDR-Meisterin im Kanu-Slalom im Boot. Hiersemanns
halten zum ersten Male ein Paddel in der Hand. Gotthard Weinert hingegen paddelt
seit 1955. Der über 60-jährige hat sich unterwegs sein Bierchen gegönnt.
Der niedrige Wasserstand schreckt ihn nicht "Muldekiesel sind rund",
lacht er. Nur mit Hilfe der Talsperre Eibenstock hatten die Veranstalter für
die nötige Handbreit Wasser unterm Kiel sorgen können. Gegen 10.45 Uhr
stieg der Wasserspiegel um knappe 15 cm. OBM Anton Pausch freilich kam bei Trebsen
ohne Riss im Faltboot nicht davon. "Man braucht Flickzeug und wasserdichte
Schuhe", nimmt es der Wasserwanderer gelassen und lobt: "Einwandfreie
Ein- und Ausstiege, freundliche Helfer an der Strecke, sehr gute Teilnahme und
für jeden Beifall." Sein Amtsbruder Osmar Brück aus Grimma sitzt
schon beim Bier im Festzelt. Er hatte ein festeres Boot gewählt. Mit
Picknick-Körben am Ufer bequem gemacht haben es sich die Panitzscher Familien
Krafft und Becker. Mit Sekt und Erdbeertorte erwarten sie die jüngeren Familienmitglieder
am Ziel. Unterdessen sorgen die Wurzener Spielleute für Stimmung am Ufer.
Die Volkssolidarität bietet Kaffee und Kuchen an, die Tierschützer bringen
sich ins Gespräch, das Kinder- und Jugendhaus preist sich und seine Muldewiesenkobolde
an. Schwerstarbeit leisten indes die Jungs von der Feuerwehr. Ein Boot nach dem
anderen wird aus dem Wasser gehievt und an Land getragen. Gemeinsam mit dem THW
und der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft sorgen sie für Ein- und Ausstiege
ohne Kenterrolle und helfen beim kräftezehrenden Umtragen der Wehre.
"Wir sind um unser Leben gepaddelt", scherzen Rolf Allgeier und Jochen
Winkler. "Zwei Risse und kein Flickzeug mit." Leipziger Paddler leisteten
erste Hilfe am Boot. Ihr Fazit: "Perfekte Organisation, die Mängel des
Vorjahres sind abgestellt, die Versorgung auf der Strecke klappt prima."
Ihren hübschen Matrosenlook haben Sally Thiele und Jeanine Fritz (18) fast
durchgeschwitzt. Am Steg Küsschen vom Freund und Begrüßung mit
Medaille:"Ihr wart die Besten". Trotz "Puddingarmen" wollen
sie wieder mit machen, "aber im richtigen Boot", denn Schlauchboot und
Gegenwind, das war zu hart. Der Kameramann ist längst weg, da taucht
das erste der sechs Boote aus Frankreich auf. Catherine Flavigny ist Amateurin
am Paddel. Sie und ihre Gymnasiasten aus Rouen und Mont Saint Aignon sind als
weitgereisteste Teilnehmer der Regatta pokalverdächtig. Gut beschützt
übrigens von Dieter Packmor vom Calenberger Canoe Club Barsinghausen. "Das
war ein Abenteuer für die Schüler", ist sich Catherine Lavigny,
die Vorsitzende des Städtpartnerschaftskomitees mit Barsinghausen, sicher.
Überrascht war sie von der Freundlichkeit der Leute und der wunderbaren Landschaft.
Inzwischen ist es 18 Uhr. Noch immer treffen Boote am Steg ein. Meist größere
oder schwer bewegliche. Punkt sieben erklärt Uli Wünscher von der Wasserwacht
vom Schlussboot aus die Regatta für beendet. "War super", meint
Anja Kleinert, die für sich und Partner Gunter Wagner eigens T-Shirts mit
Regatta-Logos bemalt hatte. Nicht nur sie meinen: "Nächstes Jahr unbedingt
wieder." Viola Heß |